Pinecil

Schon als Kind lötete ich gerne diverse Geräte auseinander (und manchmal sogar wieder zusammen, mit anfangs eher übersichtlichem Erfolg). Mit den Jahren klappte es damit immer besser und spätestens seit elektronische Bauteile über das Internet generell einfach verfügbar sind (danke, Conrad & Co.!) baue ich mit Begeisterung meine eigenen Geräte, wo es mir sinnvoll erscheint. Vom Luftsensor über den WG-Anwesenheits-Anzeiger bis zur Button-Box für den Neffen gab es immer genügend spannende Projekte.

Lötkolben sind doch doof…

Löten kann aber auch unangenehm oder nervig sein. “Normale” Lötkolben brauchen je nach Modell relativ lange, bis sie die Zieltemperatur erreicht haben. Die einfachen Modelle kennen sogar nur eine Temperatur und lassen sich nicht regeln. Die günstigeren regelbaren Modelle haben oft einen Drehregler, der aber beim Löten gerne mal versehentlich verstellt wird. Ein Schalter am Gerät ist auch oft nicht vorhanden und man muss den Stecker ziehen, um den Kolben abzuschalten. Natürlich gibt es auch schickere Lösungen wie Lötstationen, die dann digital regelbar sind, eine Abschaltautomatik haben und teilweise sogar noch ein Heißluftmodul besitzen, um Bauteile einfacher zu entlöten. So eine Lötstation habe/hatte ich auch, aber sie ist recht sperrig und definitiv nichts, was ich auf ein Hackercamp oder einen Congress mitschleppen würde. Trotzdem möchte ich die Möglichkeit haben, spontan etwas zu löten, wenn sich die Gelegenheit auftut.

…aber dieser nicht!

Bühne frei für den Pinecil! In der aktuellen Version 2 handelt es sich um einen programmierbaren und frei regelbaren USB-C Lötkolben mit Bluetooth-Interface. Wait, what? Falls sich jetzt bei einigen ein Knoten im Kopf bildet, erkläre ich kurz, wieso all das sinnvoll und wünschenswert ist:

Warum all die Spielereien?

Ich fange mit dem einfachsten Punkt an: USB-C. Der Pinecil v2 besitzt sowohl einen Rundstecker- als auch einen USB-C-Anschluss, mit dem man das Gerät mit 12-24V und 3W versorgen kann. Das ist insofern klasse, da man meistens für sein Smartphone, Tablet oder Laptop sowieso meistens einen PD-Charger dabei hat, der die richtige Versorgung aushandeln kann. Ein 65W-Charger wird ausdrücklich empfohlen, da der Pinecil ansonsten eher langsam die notwendige Hitze aufbaut. Über den Rundstecker kann man das Gerät aber auch beispielsweise über eine geeignete andere Spannungsversorgung oder sogar handelsübliche Geräte-Akkus mit entsprechendem Adapter betreiben.

Weiter geht’s mit der Programmierung. Wieso sollte man einen Lötkolben programmieren wollen? Nun, ganz einfach: Weil es geht. ;) Nein, ernsthaft: Der Pinecil wird über ein integriertes Menü über zwei Buttons und einen Mini-Bildschirm bedient. Man kann Spannungswerte, Temperaturen, die Bluetooth-Funktion, den automatischen Sleep-Modus und das selbstständige Abschalten nach längerer Bewegungslosigkeit (ja, er hat auch einen Bewegungssensor verbaut) einstellen, doch alle diese Funktionen sind in Software implementiert. Mit regelmäßigen Updates kann man also dafür sorgen, dass eventuell vorhandene Fehler behoben werden oder die Bedienoberfläche erweitert wird.

Und was hat es mit Bluetooth auf sich? Das braucht man doch bestimmt bei keinem Lötkolben, oder? Aber doch! Wie schon erwähnt hat der Pinecil nur einen sehr kleinen Bildschirm und die Navigation über nur zwei Tasten ist eher umständlich, wenn auch durchdacht und gut gemacht für diesen Zweck. Trotzdem ist es schöner, so etwas auf einem größeren Bildschirm zu machen. Am besten einem Touch-Display. Und wir haben alle so etwas in der Tasche. Richtig, das Smartphone. Über eine App kann der Pinecil, sobald er mit dem Strom verbunden ist, direkt angesteuert werden. So hat man die aktuellen Temperatur- und Spannungswerte während des Lötens direkt im Blick und kann auch die verschachtelten Menüs sehr einfach bedienen.

Und noch etwas zeichnet den Pinecil aus: Er ist “hackable”. Das gesamte Board-Layout, die verwendeten Komponenten und die Software sind Open Source und auf github frei verfügbar. Jeder kann sowohl seine eigene Version der Firmware anpassen als auch Teile austauschen oder das Gerät erweitern. Wieso man das tun würde? Na, zum Beispiel gibt es tolle Anleitungen, mit denen man beispielsweise steuerbare LEDs an die Vorderseite des Pinecil anbringen kann, die über das interne Board mit angesteuert werden. Oder eine LED in einem transparenten Gehäuse, die die verschiedenen Zustände und Temperaturen visualisiert. Auf dem Board gibt es sogar eine Lötstelle für einen Hall-Sensor, der Magnetfelder erkennt. Wird dort ein kompatibler Sensor aufgelötet, erscheint im Menü zum automatischen Abschalten ein neuer Punkt, der das Abschalten beim Auslösen des Sensors steuert. Einfach einen Neodym-Magneten an der Pinecil-Halterung anbringen - fertig. Beim Einstecken kühlt die Lötspitze automatisch herunter.

Übrigens: Gerade das automatische “Schlafen” und Abschalten des Geräts ist ein riesiger Pluspunkt: Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Brandwunden oder gar brennende Schreibtische damit verhindert werden können, da das Gerät selbstständig erkennt, wenn es länger nicht bewegt wurde und die Lötspitze herunterkühlen lässt oder sich ganz abschaltet. Gerade für Menschen, die gerade das Löten lernen, ist das Gold wert.

Fazit

Der Pinecil ist eine echte Wunderbüchse. Die vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten, die Wechselspitzen und die Möglichkeit, verschiedene Spannungsquellen zu verwenden machen einfach Spaß und das Löten geht aufgrund des geringen Gewichts und des kleinen Formfaktors leicht von der Hand. Der geringe Preis in US-Stores (derzeit ca. 25$) wird zwar leider durch Zoll- und Versandkosten wieder in die Höhe getrieben, doch durch Sammelbestellungen kann man das wieder etwas einfangen oder einfach in einem der EU-Shops kaufen, wo all diese Kosten schon eingerechnet sind.
Ich kann jedem Löt-Enthusiasten nur empfehlen, mal einen Blick auf den Pinecil zu werfen!